Gleichzeitig hob er hervor, dass das Land viel mehr brauchen könne als diplomatische Besorgnis internationaler Partner.

W. Zelenskyy betonte, sie seien bereit, die Ukraine finanziell zu unterstützen, immer härtere Sanktionen zu verhängen und harte Resolutionen gegen Russland zu verabschieden. „Das ist richtig, notwendig, und die Ukraine ist für all das aufrichtig dankbar. Gleichzeitig müssen unsere Bürger wirklich verstehen, wozu die Welt sonst bereit ist. Wie und womit genau werden sie uns helfen, wenn jemand erneut die Grenzen in der Mitte Europas ignoriert?“, – fragte Präsident. Ihm zufolge bräuchten die Ukrainer klare Signale, dass im achten Kriegsjahr das Land, das auf Kosten des Lebens seiner Bevölkerung ein Schutzschild für Europa ist, Unterstützung nicht einfach von den Partnern, von den Tribünen schlechthin, sondern von den Spielern derselben Mannschaft direkt auf dem Spielfeld, Schulter an Schulter erhalten werde.

Dieser Appell ist am Vorabend einer Botschaft von Wladimir Putin an die russische Bundesversammlung gerichtet worden, die er am nächsten Tag, dem 21. April, übermittelte. Viele Politiker und Beobachter schlossen nicht aus, dass der Kremlchef den Beginn einer umfassenden Aggression gegen die Ukraine ankündigen könnte. Doch während seiner Rede sprach W. Putin überhaupt nicht von der Ukraine bzw. von russischen Truppen in der Nähe ihrer Grenzen. Er beschuldigte traditionell den Westen gewisser „Provokationen“ gegen die Russische Föderation und drohte ihm mit harter Antwort. Der Kremlchef erwähnte „rote Linie“, deren Grenzen Moskau selbst festlegen werde. „Ich hoffe, dass niemand daran denken wird, die sogenannte „rote Linie“ Russlands zu überschreiten, und wo sie verlaufen wird – dies werden wir in jedem Einzelfall selbst bestimmen“, – fügte er hinzu.

„Nichts ist passiert – weil schon alles passiert ist“, – so kommentierte der Journalist und Berater des ukrainischen Verteidigungsministers, Jurij Butusow, das Fehlen einer Erwähnung der Ukraine in Putins Botschaft. „Es wurde nichts gesagt – weil alles schon getan wurde. Putin hat keine Kriegserklärung an die Ukraine angekündigt. Putin hat die Aufnahme des Donbass in die Russische Föderation nicht angekündigt. Weil Putin schon seit sieben Jahren ohne jegliche Ankündigung einen Krieg in der Ukraine führt. Weil Putin schon seit sieben Jahren den Donbass als Brückenkopf für ständigen militärischen Druck auf die Ukraine von innen nutzt“, – betonte er.

Die Abgeordnete des ukrainischen Parlaments, Ko-Vorsitzende der Parlamentsfraktion „Europäische Solidarität“, Iryna Gerastschenko, ist der Meinung, dass der Grund für die fehlende Erwähnung der Ukraine in W. Putins Botschaft sein künftiges Treffen mit US-Präsident, Joe Biden, sei. Putins Hauptziel sei es, „die Russische Föderation nicht einfach in den Weltklub zurückzubringen, sondern neue Beziehungen zu den USA aufzunehmen, um die Sanktionen zu beenden, um den Bau von Nord Stream 2 abzuschließen. Deshalb baut er sein eigenes Spiel auf, in dem Aktionen und Rhetorik zwei parallele Geschichten sind“.

Laut Gerastschenko wurde das Thema Ukraine zwar nicht geäußert, aber zwischen den Zeilen im Abschnitt der Botschaft zum Ausdruck gebracht, der dem internationalen Thema gewidmet war.

„Dort gab es viele Sätze, die als Bedrohung wahrgenommen werden können: dass Russland Geduld, Verantwortung und Professionalität für die Annahme eines beliebigen Beschlusses ausreichen, dass Russland selbst „rote Linien“ bestimmen wird, dass Organisatoren von Provokationen bedauern werden, dass Russland Brücken nicht verbrennen will, aber wenn etwas passiert, wird die Antwort symmetrisch und schnell sein. Das waren eigentlich Drohungen, „Säbelrasseln“, – sagte die Parlamentsabgeordnete.

Ihr stimmt der Ex-Außenminister der Ukraine, Wolodymyr Ogrysko, zu. Putins Drohungen, Versprechen einer angemessenen harten Reaktion seien nicht neu, das sei traditionelle Aggressivität des Kremls, aber der Westen müsse ihm verständlich machen, dass er eigenwillig „rote Linien“ nicht setzen und für ihre Verletzung nicht drohen könne, – betonte der Ex-Minister.

Zeitung „Stimme der Ukraine“