Er traf sich mit Bundespräsident, Frank-Walter Steinmeier, und mit dem Kanzlerkandidaten, nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten, Armin Laschet.

Am 12. Juli Abend gingen V. Zelenskyy und Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einer Pressekonferenz. Die Bundeskanzlerin versprach, dass Deutschland der Ukraine 1,5 Millionen Impfdosen gegen die Coronavirus-Infektion abgeben werde, kündigte die Notwendigkeit an, die „Steinmeier-Formel“ ins ukrainische Recht überzuführen und sagte, dass die Ukraine für Deutschland ein Gastransitland bleibe, „auch wenn Nord Stream-2 fertig gestellt werden soll“.

Es sei daran erinnert, dass die „Steinmeier-Formel“ Entflechtung von Truppen und Waffen im Kampfgebiet sowie auch Abhaltung von Kommunalwahlen in den zeitweilig besetzten Gebieten des Donbass unter der Aufsicht der OSZE vorsieht. Nach den Wahlergebnissen könnte der Kreml, so viele Beobachter, die Gewährung eines Sonderstatus für diese zurzeit besetzte Bezirke fordern, was von einem patriotisch gestimmten Teil der Bevölkerung abgelehnt wird.

V. Zelenskyy betonte auch, dass Nord Stream-2 eine große Bedrohung sei, die sich geschickt unter dem Deckmantel eines Wirtschaftsprojekts verberge. Der ukrainische Präsident ist der Meinung, dass die Frage dieser Pipeline bei einem Treffen der Staats-und Regierungschefs der „Normandie-Vier“ diskutiert werden sollte und dass die Ukraine EU-Garantien für die Energiesicherheit brauche. Allerdings stand A. Merkel der Diskussion des Nord Stream-Problems im Normandie-Format skeptisch gegenüber.

Außerdem forderte der ukrainische Präsident „alle Länder“ auf, einen Druck auf Russland auszuüben, um ein Gipfeltreffen der Staats-und Regierungschefs der „Normandie-Vier“ zu erzielen, und setzte sich für die Einbeziehung der USA in den Verhandlungsprozess zur Regelung des Konflikts im Donbass ein.

Nach dem Abschluss der Pressekonferenz dauerten die Verhandlungen zwischen der ukrainischen und deutschen Führung weitere vier Stunden an und endeten in der Nacht zum Dienstag.

Es sei hervorgehoben, dass die Bundeskanzlerin mehrmals erklärte, Russland sei eine große Herausforderung für Europa, man müsse aber einen Dialog mit Moskau im Rahmen des Minsker Formats für die Regelung des bewaffneten Konflikts im Donbass fortsetzen. Außerdem betonte sie, dass Deutschland und Frankreich planen, sich auf die Regeln für die Beziehungen zu Russland zu einigen, da die Länder „regelmäßig mit Provokationen sowie neuen Konflikten konfrontiert sind“.

Der Ansicht von Experten nach, waren wohl keine konkreten Entscheidungen im Laufe des jetzigen Besuchs von Präsident der Ukraine zu erwarten, vielmehr fanden Vorbereitungen für deren künftige Verabschiedung statt. Das liegt daran, dass im Herbst die Bundestagswahlen abgehalten werden, Deutschland einen neuen Kanzler bekommt und die Ära von Angela Merkel zu Ende geht.

Dabei wird betont, dass der jetzige Deutschlandbesuch von V. Zelenskyy einen vorbereitenden Charakter hat. Der ukrainische Präsident versucht, seine Positionen so zu fixieren, um Ende des Jahres Verhandlungen mit einem neuen Bundeskanzler und einer neuen Bundesregierung sowie mit der Führung der Vereinigten Staaten fortzusetzen und konkrete Entscheidungen zu treffen. Beobachter sind der Meinung, dass eine der Aufgaben des aktuellen Besuchs ist, „bestimmte Ausganspositionen“ für Verhandlungen mit einer schon künftigen Führung der Bundesrepublik Deutschland zu festigen. Dabei geht es insbesondere um die Diskussion zu zwei Schwerpunktthemen – Nord Stream-2 und Ende des Krieges im Donbass mit dem eventuellen Thronfolger von Merkel Armin Laschet. Aber so, um schon jetzt festzulegen, was vereinbart werden kann und soll, um mit einem neuen Bundeskanzler Ende des Jahres nicht bei Null anzufangen.

„Was Nord Stream-2 anbetrifft, so werden die Parteien über negative Folgen der Gaspipeline für die Sicherheit und Wirtschaftsinteressen der Ukraine diskutieren und wie man Verluste für Kiew ausgleichen kann. Darüber hinaus wird dieses Thema nicht nur zwischen der Ukraine und Deutschland, sondern auch mit den US-Behörden diskutiert. Jetzt spricht Zelenskyy mit deutschen Staats-und Regierungschefs von Nord Stream-2 und vom Donbass. Später wird Angela Merkel nach Washington reisen und diese Themen mit US-Präsident Joe Biden diskutieren (Präsident der Vereinigten Staaten empfängt die deutsche Bundeskanzlerin an diesem Donnerstag im Weißen Haus. Dies teilte die offizielle Vertreterin der amerikanischen Regierung Jen Psaki am 9. Juli mit – Red).

Und erst dann wird Zelenskyy die Vereinigte Staaten besuchen und gewisse Entscheidungen können getroffen werden. Auf solche Weise entsteht im Juli de facto das „Verhandlungsdreieck“ Ukraine-Deutschland-USA, in dem es sehr wichtig ist, gerade diese beiden Hauptthemen zu fixieren und Lösungen für die Probleme zu finden“, – schrieb der ukrainische Politologe Wolodymyr Fessenko in diesem Zusammenhang.

Gleichzeitig bezeichnete der Politologe als „schwierig“ die Diskussion über die Regelung der Situation im Dombass innerhalb des „Verhandlungsdreiecks“.

Auskunft. Das Projekt Nord Stream-2 sieht den Bau und Betrieb von zwei Gasleitungszweigen mit einer Gesamtkapazität von 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr von der russischen Küste durch die Ostsee nach Deutschland vor. Gründer der Nord Stream-2 AG ist die russische Gazprom.

Der Bau der Gaspipeline wurde wegen US-Sanktionen gegen Auftragsnehmerfirmen ausgesetzt, jedoch im Februar 2021 wieder aufgenommen. Die Nord Stream-2 AG hat sich entschieden, die Pipeline in Eigenregie abzuschließen. Die Ukraine ist überzeugt, dass Russland nach dem Start der neuen Gaspipeline alles daran setzen wird, den bis 2024 geltenden Vertrag über Gastransit durch die Ukraine nicht zu verlängern. Und dies wird Moskau „die Hände losbinden“ für eine aggressivere Politik gegenüber Kiew.

Zeitung „Stimme der Ukraine“