Ein Skandal in deutschen Medien. 25-jährige Nachfolgerin des Bahlsen – Unternehmens, eines der größten Produzenten von Konditoreiprodukten, darunter des Weltbrands – des Gebäcks Leibnitz, Verena Bahlsen  erklärte: „Ja, ich bin Kapitalistin. Alles, was ich brauche, – dass ist Geld verdienen und Jachten von den erhaltenen Dividenden kaufen!“

Es ist nicht zu schämen?

Eine solche „Offenbarung“ teilte sie mit Ironie während des Festivals Online Marketing Rockstars in Hamburg am 8. Mai mit, bei welchem sie mit einem Bericht trat. Was nur Lächeln von Maßnahme-Teilnehmern hervorrief.
Und die Nutzer vom Sozialnetz reagierten im Nun auf die „Ironie“ und erinnerten Verena Bahlsen daran, dass auch die blutige Arbeit von Zwangsarbeitern während des 2. Weltkriegs für das von fast innerhalb von Hundert Fünfzig Jahren durch das Konditorei-Imperium erworbene Gut zugrunde liegt.

Doch die Frau gab sich keine Mühe zu zweifeln. Am 13. Mai erklärte sie im „Bild“, dass sie sich wegen der Ereignisse nicht schuldig fühlt, die vor ihrem Geburtstag geschehen waren. – Es hätte mich damals nicht gegeben, dabei hätten wir den Zwangsarbeitern genau so viel gezahlt, wie auch den Deutschen, und uns mit ihnen gut benommen. Wir hätten also nicht zu schämen, – sagte sie.

Man verwandelte sie in weiße Sklaven von Bahlsen

Ein kleiner Exkurs in die Vergangenheit: im 2.Weltkrieg arbeiteten in Industrie, Landwirtschaft und Haushalt Deutschlands über 13 Millionen weiße Sklaven – Menschen, die unter Zwang von den Nazis aus den von ihnen okkupierten Territorien von Osteuropa ausgeführt wurden, darunter 2,5 Millionen aus der ehemaligen UdSSR – die meisten stammten aus der Ukraine sowie auch aus Weißrussland und Russland. Für Bahlsen arbeiteten unter anderem Kiewerinnen, die dorthin nicht von gutem Willen gerieten.

Die erste „Partie“ von Sklavinnen sandte man nach Deutschland am 24. Juni 1942. Nach einer Arbeitsschicht ließen die Okkupanten Lastkraftwagen an den Ausgang der Kiewer Konditoreifabrik namens Karl Marx heranfahren, luden Frauen auf und lieferten sie in Güterwagen nach Hannover – zur Bäckereifabrik des deutschen Magnaten Bahlsen. Sechs Monate später, im März 1943 wiederholte man die „Operation“. Den Frauen gab man sogar keine Möglichkeit, ihre Verwandten darüber zu informieren, und viele von ihnen ließen zu Hause minderjährige Kinder. Was „gutes Benehmen“ ihnen gegenüber betrifft, so berichteten später diese Frauen in ihren Erinnerungen, dass die größte Qual für sie nicht Verhöhnen, Erniedrigung oder Wohnbedingungen waren, die einem Gefängnis ähnelten, sondern Vanillegeruch in den Werkhallen, wo sie halbverhungert arbeiten mussten. Denn man erlaubte ihnen nicht sogar die Krümchen vom Gebäck zu nehmen.

Zwangsarbeit? Es gab mich damals nicht!

Als Ende des 20. Jahrhunderts deutsche Politiker die Frage über Auszahlungen von Entschädigung für die Zwangsarbeiter anschnitten, klagten viele von ihnen das Keksimperium an. Manche Rechtsanwälte schlugen den Besitzern vor, freiwillig ehemaligen Ostarbeitern je 500 Mark Entschädigung für je Monatsarbeit zu zahlen. Aber die lehnten es ab, alle Arbeiter würden angeblich an die Fabrik über das Arbeitsamt zugewiesen, später sollten sie jedoch 650 Tausend Euro in den deutschen Entschädigungsfonds einbringen. So ist die Geschichte mit der Zwangsarbeit bei Bahlsen.

Was Verena Bahlsen betrifft, so hat ihr Interview für die Bild-Zeitung Massenempörung nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch im Ausland hervorgerufen, unter anderem schrieben darüber die britische „The Telegraph“ und die amerikanische „The New York Times“. Und nicht nur im Sozialnetz, dessen Teilnehmer sogar forderten, die Betriebsproduktion zu boykottieren, sondern auch unter den Politikern und Mitgliedern von Bürgerinitiativen.
Die Leiterin des Demokratischen Zentrums „Zwangsarbeit unter Nationalsozialismus“, die sich in Berlin befindet, Kristine Glauning, ist schockiert durch die Worte von Verena Bahlsen. Vor allem dadurch, dass sie aus der Familie von Großunternehmern stammt und wenig davon weiß, was die Zwangsarbeit ist. Frau Glauning hat die Nachfolgerin des Bahlsen – Kapitals eingeladen, das Museum für Zwangsarbeit zu besuchen, nicht aber, um dort Kekse zu genießen…

Hat man für Verbrechen der Vorfahren zu verantworten

Übrigens, neben Schock, Hass, Verwunderung durch den Gedanken von Verena Bahlsen in Bezug auf die Zwangsarbeit im Betrieb ihrer Vorfahren, ist ein solcher Gedanke doch noch ganz unerwartet gewesen? Ist solche junge Dame jedoch allein mit einer solchen Schlussfolgerung und geschweige denn mit solchen Kenntnissen oder Vorstellungen über manche, milde gesagt, unangenehme Seiten der deutschen Geschichte?

Denn je ferner davon die Gesellschaft ist, desto mehr Jugendliche davon nicht wissen wollen, angeblich verursachten etwas gewisse hitlers, warum müssen wir aber damit leben? Sogar die jüngsten soziologischen Forschungen zeugen trotz der Bemühungen der Politiker und Aktivisten der nichtstaatlichen Organisationen, die Aufmerksamkeit, zum Beispiel, auf die Gräueltaten des National-Sozialismus zu lenken, davon, dass immer mehr Menschen sich damit nicht beschäftigen wollen. Und je weniger lebendige Zeugen jener Geschichte bleiben, desto mehr wahrscheinlich ist es, dass die junge Generation keine eigene Verbindung mit der Vergangenheit fühlen wird. Hier steht schon die Frage, tragen jedoch die Nachfolger eine Verantwortung für die Verbrechen der Vorfahren? Es geht schon nicht allein um die Epoche des National-Sozialismus und nicht nur um Deutschland.

Schließlich unter dem starken Druck der öffentlichen Meinung bereute, entschuldigte sich und erkannte auch die Führung von Bahlsen "ihre historische und moralische Verantwortung". Und sie versicherte auch: "Das Unternehmen erinnert sich an das Leiden der Zwangsarbeiter und an die immense Verantwortung, die ihnen und anderen Menschen zuteil worden war". Sie versprachen, eine unabhängige Untersuchung zur Nutzung der Arbeit der Zwangsarbeiter in der Fabrik in Hannover durchzuführen und ihre Ergebnisse zu veröffentlichen.

Auch die für ein luxuriöses Leben willige Erbin von Bahlsen – Millionen Verena Bahlsen entschuldigte sich und gab zu, dass es ihr Fehler war, – die Schärfe der Debatten durch gedankenlose Aussagen zu verstärken. Und sie versicherte, dass sie keine Ahnung hatte, „die Verbrechen des Nationalsozialismus und ihre Folgen zu bagatellisieren“.

Und zum guten Letzt: Auf seiner offiziellen Website berichtet Bahlsen über sich selbst, er sei der erfolgreichste Keksproduzent in Deutschland. Derzeit arbeiten in seinen Werken in Deutschland und Polen rund dreitausend Menschen, und der Umsatz des Unternehmens übersteigt 500 Millionen Euro pro Jahr.

Berlin.