„Es gibt einfach keinen Waffenstillstand. Wir können uns weiterhin den Anschein nicht geben, als ob es ihn gibt. Man muss die Wahrheit sagen, das Weiße weiß und das Schwarze – schwarz nennen. Die Russen beginnen frech und offen zu handeln, ohne ihre Absichten zu verbergen. Deshalb müssen wir für beliebige unvorhergesehene Handlungen des Aggressors bereit sein“, – sagte L. Krawtschuk.

Seiner Meinung nach sei Russland nicht dabei, sich zu ändern und werde mit seinen üblichen Methoden handeln. „Russland kämpft seit 150 Jahren. Während dieser Zeit benutzte es außer Druck und Zwang zum Frieden nichts. Wir sollten nicht denken, dass wenn wir nachgeben, sie entgegenkommender werden“, – betonte L. Kratschuk.

Er erinnerte auch daran, dass es in den zeitweilig besetzten Gebieten russische Söldner, Kommandeure und Waffen gibt. „Wir wissen nicht, wann diese Waffen können eingesetzt werden, müssen aber für alles bereit sein und auf alles achten, was passiert“, – fügte der Leiter der ukrainischen Delegation bei der TKG hinzu. L. Krawtschuk rief auch zu einer verhältnismäßig harten Reaktion auf die Angriffe der Russen auf und betonte, dass es nicht gelingen werde, den Aggressor durch Zugeständnisse zu beschwichtigen. „Wir alle zusammen und auch die Weltgemeinschaft eingeschlossen müssen angemessen handeln. Durch Herablassung, Sanftmut und Kompromissaufrufe werden wir nichts erreichen. Wir müssen konsequent und hart sein“.

Einige Tage zuvor erklärte der Innenminister der Ukraine, Arsen Awakow, dass der Waffenstillstand im Donbass de facto vereitelt worden sei. „Russische Terroristengruppierungen beschießen regelmäßig die Stellungen der Streitkräfte der Ukraine, dort kommt es zu einer scharfen Zuspitzung der Situation. Es gibt keinen Friedensprozess mehr. Eingesetzt werden Mörser, eingesetzt werden Scharfschützen. Der Krieg ist im Gange“, – sagte er.

Dass Russland nicht dabei ist, sich zu ändern, bestätigen auch die Worte des Pressesprechers des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow. Vorige Woche erklärte er, dass der Kreml alle Gebiete, einschließlich der Ukraine, die von Russen und russischsprachigen Menschen bewohnt sind, als Teil der „russischen Welt“ betrachte und dass Moskau sie auf verschiedene angeblich zivilisierte Weise – durch sogenannte „Soft Power“ – unterstützen werde.

Die im Grunde genommen chauvinistischen Äußerungen von Dmitri Peskow, die genau das Weltbild nicht nur seines Chefs, sondern auch vieler Russen wiederspiegeln, sind nicht ohne logische Antwort des Außenministers der Ukraine, Dmytro Kuleba, geblieben: „Russland konnte „die russische Welt“ in der Ukraine mit Panzern nicht vorrücken. Und mit „Soft Power“ wird es nicht können. Denn „die russische Welt“ ist eine Monotonie, in der es außer den Russen niemanden gibt. Die ukrainische Welt ist Vielfalt und Freiheit, sich selbst zu sein“. Er ist der Meinung, dass gerade deswegen so viele Menschen die Ukraine verteidigen, die verschiedene Sprachen sprechen.

Indessen wird Russland, Beobachtern zufolge, auch weiterhin die Situation im Donbass verschärfen, insbesondere nach der Schließung von drei prorussischen propagandistischen Fernsehkanälen, die de facto dem Gevatter des russischen Präsidenten und prorussischen Politiker, Viktor Medwedtschuk, gehörten. „Bei den Wechselbeziehungen von Medwedtschuk und Putin gibt es eine Besonderheit. Putin nimmt alle Angriffe auf Medwedtschuk nicht als Politik wahr, sondern als etwas Persönliches. So liegt, glaube ich, eine reale Zuspitzung vor uns“, - betonte der ehemalige stellvertretende Minister für zeitweilig besetzte Gebiete der Ukraine, Georgi Tuka.

Zwar sind viele Experten der Ansicht, dass der Hauptgrund für die Aggression Russlands gegen die Ukraine die Zuversicht nicht nur des Kremls, sondern der Mehrheit der Russen ist, dass das ukrainische Volk als solches nicht existiert. Und daher hat auch der souveräne Staat Ukraine kein Recht zu existieren.

Es sei daran erinnert, dass 2014 gleich nach der Annexion der Krim Russland im Osten der Ukraine eine bewaffnete Aggression begann. Die Kampfhandlungen werden zwischen den Streitkräften der Ukraine einerseits und der russischen Armee zusammen mit den Freischärlern, die sie unterstützen und einen Teil der Gebiete Donezk und Luhansk kontrollieren, andererseits geführt. Offiziell erkennt die Russische Föderation ihre Invasion in der Ukraine trotz der von der ukrainischen Seite vorgelegten Fakten und Beweise nicht an.

Am 22. Juli 2020 einigte sich die Trilaterale Kontaktgruppe auf einen vollständigen und umfassenden Waffenstillstand im Donbass ab Mitternacht dem 27. Juli. Die ukrainische Seite berichtet regelmäßig über Fälle von Verstößen gegen den Waffenstillstand durch Freischärler.

Anfang Februar 2021 wurden Fälle von Verletzung und Tod ukrainischer Armeeangehörigen häufiger. So wurden am 2. Februar an der Kontaktlinie acht Verstöße gegen den Waffenstillstand registriert. Die Okkupanten eröffneten das Feuer mit 120-mm-Mörsern, schweren Maschinengewehren und Handwaffen. Ein ukrainischer Soldat wurde von einem russischen Scharfschützen verletzt. Später starb er in einem Spital. Am 6. Februar wurden zwei ukrainische Armeeangehörigen getötet und vier weitere verletzt. Am 7. Februar verletzte ein terroristischer Scharfschütze noch einen ukrainischen Soldaten. Am 10. Februar wurden sieben Verstöße gegen den Waffenstillstand gemeldet. Ein ukrainischer Armeeangehörige wurde verletzt.

Präsident der Ukraine, Volodymyr Zelenskyy, setzte am 2. Februar eine Entscheidung über Sanktionen gegen den Parlamentsabgeordneten von der prorussischen Partei „Oppositionsplattform – Für Leben“ Taras Kosak und formell gegen drei in seinem Besitz befindliche Fernsehkanäle in Kraft. Obwohl bekannt ist, dass sie de facto von einem anderen prorussischen Politiker Viktor Medwedtschuk kontrolliert werden. Die Tätigkeit der Kanäle wurde für einen Zeitraum von fünf Jahren eingestellt. Die ukrainischen Sanktionen gegen drei Medien wurden in den USA und der Europäischen Union unterstützt.

Der Berater des Chefs des Präsidialbüros, Mychajlo Podoljak, hob hervor, dass es um die Kanäle aus dem sogenannten Medwedtschuk-Pool handelt. Sie werden „recht aktiv und offen als Instrumente fremder ausländischer Propaganda in der Ukraine eingesetzt“, – betonte M. Podoljak.

Zeitung „Stimme der Ukraine“