Zeichnung von Nikita Titov

Eine Großstadt mit einer halben Million Einwohnern in der Region Donezk ist in diesen Tagen zu einem Symbol für die niedrige Barbarei von putins russland geworden. Die russischen Truppen, welche die sich heftig verteidigende Stadt nicht erobern konnten, kesselten diese am 1. März ein, es begannen massive Artilleriebeschüsse und Luftangriffe.

Obwohl es in Mariupol seit dem 3. März weder Wasser noch Strom, Gas, Heizung, Arzneimittel und Mobilfunk gibt, lassen die Besatzer keine Zivilisten frei und keine humanitäre Hilfe in die Stadt hinein. Stadtausfahrten sind vermint. Innerhalb des Monats der totalen Blockade wurden in der einst wohlhabenden Stadt 90 Prozent der Wohngebäude (mehr als 2,3 Tausend) beschädigt, fast die Hälfte davon vollständig zerstört. Der Feind zerstörte auch 90 Prozent der Privathäuser (über 61,2 Tausend), 90 Prozent der Schulen und Hochschuleinrichtungen, fast alle Krankenhäuser, Arztpraxen, Entbindungskliniken und Kindergärten. Die meisten Menschen leben in Kellern, wo es sehr kalt ist, denn der März war frostig, die Temperatur fiel an manchen Tagen auf minus 12 Grad, es schneite.

Das Schlimmste ist, dass nach Lust und Laune des verrückten Kreml-Quasiführers Zivilisten – ethnische Ukrainer, Russen, Griechen – in der Stadt an Granaten, Krankheiten und Hunger sterben. Zehntausende von ihnen lebten dicht beieinander vor dem vollständigen russischen Angriff auf die Ukraine.

Laut dem Bürgermeister von Mariupol Vadym Boychenko seien nach dem Stand vom 28. März 5.000 Menschen ums Leben gekommen, darunter mehr als 200 Kinder. Der Berater des Bürgermeisters Petro Andryushchenko sagte jedoch, dass die Zahl der Opfer des russischen Beschusses 20.000 erreichen könnte. Die genaue Zahl der Toten ist unbekannt – es gibt weder Menschen noch Ausrüstung, um die Trümmer abzubauen und die Opfer zu begraben, die dort sind. Heute erlebt das erschossene Mariupol mit fast 170.000 Einwohnern, die hier noch bleiben, Schrecken, die schlimmer sind als die Prophezeiungen der Apokalypse.

Die Stadt schreckt vor den Schlägen des Feindes zusammen, dessen Taten alle Grausamkeitsgrenzen überschreiten. Es gibt keine Entschuldigung oder Vergebung für diejenigen, die am 9. März mehrere Bomben aufs Krankenhaus Nr. 3 und aufs Entbindungsheim abgeworfen haben. Der Beschuss tötete drei Menschen, darunter ein kleines Mädchen. 17 Frauen, Ärzte und Kinder wurden verletzt. Frauen mit Neugeborenen und schwangere Frauen, die aus dem brennenden Haus gebracht wurden, fanden Zuflucht im Dramatheater, in dem sich fast tausend das Zuhause verlorene Leute versteckten. Am 16. März warf ein russischer Pilot eine 1.000-Kilogramm-Bombe auf das Theater, wo die Aufschrift «KINDER» in großen Buchstaben auf dem Asphalt stand, so dass es von großer Höhe gesehen werden konnte (dies zeigten und Satellitenzeichen der amerikanischen Firma Maxar Technologies). Nach dem Angriff wurde der zentrale Teil des Theaters zerstört und der Eingang zum Luftschutzbunker im Gebäude durch Trümmer gesperrt. Am selben Tag bombardierten die Russen das Hallenbad, in dem auch Frauen, Kinder und alte Menschen untergebracht waren. Nach Angaben lokaler Behörden starben allein unter den Ruinen des Theaters mindestens 300 Menschen.

Diejenigen, die es geschafft haben, aus der eingekesselten Metropole herauszukommen, erzählen schreckliche Geschichten aus dem Leben der Stadt. In den sozialen Netzwerken erzählt eine der Freiwilligen, die aus Mariupol streamte, dass ein Haus in der Nähe des Freiwilligenzentrums beschossen wurde. Menschen wurden getötet. «Die Leiche eines Kindes, eines Jungen, lag einfach auf dem Fahrweg. Ich prüfte seinen Puls und stellte fest, dass er tot war. Mein Kollege beschloss, die Leiche von der Straße zu entfernen. An ihn lief ein Mann an, komplett grauhaarig und sagte: «Was machen Sie, wo nehmen Sie ihn hin?» Es stellte sich heraus, dass es der Großvater war, dessen Enkel getötet wurde. Der Großvater fragte: «Was soll ich jetzt mit ihm machen? Ich sage: «Begraben». Und er: «Wie begraben? Ich habe nicht mal eine Schaufel». In den Höfen vieler Häuser sind jetzt Friedhöfe. Verwandte oder Nachbarn begraben ihre Verwandten oder Freunde direkt unter den Fenstern der Wohnungen, wo die Toten vor dem Krieg lebten. Auf Gräbern befinden sich Sperrholzkreuze und handgeschriebene Schilder mit Namen, Todesdaten, Telefonnummern. Die städtischen Friedhöfe sind vermint, oder werden vom russischen Militär beschossen. Wie Katerina Yerska, die zu Anfang des Kriegs in Mariupol war, behauptet, könne man auf den Straßen die Leichen der Getöteten sehen. Leichenhäuser sind überfüllt. So sind nun Massengräber in der Stadt entstanden.

In der UNO wurde erklärt, dass sie Satelliteninformationen erhalten hätten, welche die Existenz der Massenbeerdigung in Mariupol bestätigen. «Nach unseren Berechnungen wurden fast 200 Menschen in einem der Massengräber begraben», sagte die Leiterin der UN-Menschenrechtsüberwachungsmission in der Ukraine, Matilda Bogner, laut CNN. Der Stadtrat von Mariupol fordert die Weltgemeinschaft auf, die Handlungen des russischen Militärs in Mariupol als Völkermord am ukrainischen Volk anzuerkennen. «Wir erkennen an und rufen die Weltgemeinschaft auf, die Handlungen der Russischen Föderation in Mariupol als Völkermord am ukrainischen Volk anzuerkennen. Wir erkennen an und rufen die Weltgemeinschaft auf, die Handlungen der russischen Armee als Kriegsverbrechen anzuerkennen, und den Präsidenten der Russischen Föderation Wladimir Putin als Kriegsverbrecher», –heißt es im Telegramm-Beitrag des Stadtrats.

Die Sitzung des Mariupoler Stadtrats wurde zum ersten Mal seit dem Kriegsbeginn abgehalten. Die Abgeordneten versammelten sich im Online-Format. Die lokalen Abgeordnete riefen auch die Weltgemeinschaft auf, die Bemühungen zu vereinen, um die internationale humanitäre Hilfe für Mariupol zu entsperren und eine vollständige Evakuierung der Bevölkerung zu organisieren. In seiner Erklärung lehnte der Stadtrat eindeutig die Möglichkeit einer Kollaboration mit der Russischen Föderation ab.

«Wir betonen, dass Mariupol eine ukrainische Stadt war, ist und bleibt», so ist der Bericht.