Am 24. Februar wurden wir Einwohner von Irpin, wie auch das ganze Land von Kriegstönen geweckt. Desselben russisch-ukrainischen Kriegs, der seit acht Jahren im Osten unseres Landes entfesselt wurde. Übrigens als er in einen friedlichen Vorort der Hauptstadt eindrang, war es schwer, sich dessen bewusst zu werden, dass es ein Krieg war. Mehr noch, man kam sogar auf den Gedanken nicht, dass jemand im 21. Jahrhundert in dein Haus eindringen kann, um zu töten und zu misshandeln allein deshalb, dass du ein Ukrainer bist! Eigentlich hoffte ich, dass alles recht schnell ein Ende nimmt…

Nahe Irpen dauerten bereits harte Kämpfe, aber wir hielten uns durch und machten uns nicht bereit, auszureisen. Solange wir zu Hause waren, haben unsere Zwillingsenkel(noch kaum drei Jahre alt) recht schnell begriffen, warum man in einem Keller übernachten und warum man abends kein Licht einschalten muss. Die kleine Nastja bat schon von sich selbst in den Keller zu gehen. Damals malten wir viel. Ich legte absichtlich die Zeichnungen bei Seite, um sie aufzuheben. Aber wie es sich später klarstellte, sind diese Hoffnungen nicht in Erfüllung gegangen…

Seitdem in der Stadt begonnen wurde, Frauen und Kinder zu evakuieren, war es klar, dass dieser Schrecken schnell nicht vorbei ist. Meine Schwiegertochter reiste mit ihren Kleinkindern aus. Am 5. März füllte ich – wir sind auch dran. Wir evakuierten uns selbständig. Während wir auf der ruhmreichen Romaniwskij-Brücke auf die Mutter meiner Schwiegertochter warteten, die zu uns aus Kiew gelangen wollte, sahen wir, wie es in Stojanka zu einer Explosion kam. Gerade dorthin wollten wir ja fahren! Jetzt fuhren wir, wie man zu sagen pflegt, auf Umwegen weiter. Einmal stoßen wir auf einen Schusswechsel, wendeten um und suchten nach neuen Umleitungen.

Wir waren ausgereist, und in einer bis anderthalb Stunden kamen russische Panzer und die «Befreier» in die Stadt. Verschanzt haben sie sich gerade in unserem stillen Wohnviertel. Und später telefonierten unsere Nachbarn mit uns: Unser Haus sei von einem Geschoss getroffen und verbrannt. Das ist aber eine Nebensache. Wichtig ist jetzt unser Sieg, und das Haus werden wir wiederaufbauen!

Bereits hier im Gebiet Chmelnizkij, wo wir bei unseren Bekannten eine Zuflucht gefunden hatten, träumte ich zum ersten Mal von unserem Haus. Als ob es morgen früh war, ich wollte zur Arbeit gehen, mein Mann kochte den Kaffee, und man gab in den Morgennachrichten bekannt, dass alles mit Putin vorbei ist! Am nächsten Tag(28. März) haben ukrainische Truppen unser Irpin von den Russen befreit.

Diese Nachricht, obwohl man noch nicht empfahl, in die Stadt zurückzukehren,  hat mich zum Leben geweckt, mir Kräfte eingeflossen. Zuvor  schämte ich mich einigermaßen, von eigenen Schmerzen und Emotionen zu schreiben. Ich schämte mich, weil wir zum Glück jene Gräuel nicht überlebt haben( manche konnten sie leider nicht ertragen), welche die «russische Welt» in unser Leben gebracht hatte.

Zurzeit belebt sich die Stadt allmählich. Natürlich muss man sich viel Mühe geben, um ihr die ehemalige Schönheit zurückzubringen, nicht wenig Zeit wird vergehen, aber wir werden es meistern. Ich weiß es! Und ich glaube daran!